Paris Fashion Week S/S15 #2: Anrealage – Licht(show) und Schatten
Die Shows in Paris sind etwas Besonderes. Diesen Satz habe ich sicherlich schon tausendmal gehört und seit Kurzem sage ich das sogar selbst. Die Anrealage Show im Palais des Beaux-Arts trug sicherlich zu diesem Gerücht bei (nebenbei bemerkt, habe ich schon wieder eine viel zu lange Paris-Abstinenz durchlebt – schon allein französische Wörter zu tippen fühlt sich so totalement français an und wenn ich mir die Fotos aus Paris ansehe könnte ich quieken vor Aufregung).
Warum? Nun, erst einmal gibt es vor jeder Schau modeenthusiastisches Publikum, ich nenne sie die “Wartenden”. Denn sie stehen da und warten, bis alle Besucher mit Einladungen eingelassen wurden. Danach ist es im Ermessen des jeweils zuständigen Mitarbeiters der Agentur, Location oder des Designers, die paar ersten, schrillsten oder stilsichersten “Wartenden” ohne Einladung zur Show durchzulassen. Der Rest der Meute zieht geduldig von Dannen. Ganz ohne sich nach vorn schubsen zu wollen, tausendmal nachzufragen, trotz der minmalen Chance stehen sie einfach da und wenn’s nicht klappt, na, dann geht man eben zusammen einen Kaffee trinken. Grandios! Dieses Alltagsverständnis von Mode und diese unglaubliche Entspanntheit würde ich mir hierzulande auch manchmal wünschen.
Das Défilé von Designer Kunihiko Morinaga selbst war eine Mischung aus bizarren Klängen, einer Lichtshow und einer komplett in schwarz/weiß gehaltenen Kollektion. Letztere trägt den Namen “Shadows” – aha! Ein erster Anhaltspunkt für die Lichtinszenierungen. In der Mitte des rechteckig verlaufenden Laufstegs waren zwei Flutlichtscheinwerfer aufgebaut, die in einem so kleinen Umfeld schon fast in den Augen geschmerzt haben. Was diese dort zu suchen hatten, wurde allerdings erst im Laufe der Präsentation klar.
Nachdem einige Prints präsentiert wurden, die aussahen, als würde etwas einen Schatten auf die Kleidung werfen, oder Lasercut-Muster, die eben die darunterliegenden Kleider durchscheinen ließen, hatte ich ja gedacht, ich hätte das Prinzip von “Shadows” bereits vollends durchschaut. Aber weit gefehlt – der eigentliche Clue folgte nämlich, als zwei Models in komplett weißen Outfits plötzlich mitten zwischen den Scheinwerfern stehen blieben. Nach kurzer Zeit spazierten sie wieder aus dem gleißenden Licht – und ich traute meinen Augen nicht! Da hatte der werte Herr Morinaga doch tatsächlich lichtempfindliche Materialien für seine Kollektion verwendet. Wo eben noch die Hand des Models auf dem Mantel lag, prangte nun ein Hand-Abdruck – wie bei einem Foto. Die Kollektion wurde also quasi erst auf dem Laufsteg vollendet.
Das Prinzip wiederholte sich noch ein paar Male, jeweils nun mit Lasercut-Jacken, die nach der Flutlicht-Behandlung entsprechende Muster auf der zuvor weißen Kleidung hinterließen. Aber als wiederum zwei Models, begleitet von wirren Tönen, im Licht stehen blieben und diesmal nicht mit schmerzhaft hellem weißen Licht, sondern lila Spots beleuchtet wurden, die sich obendrein auch noch zu der verstörenden Melodie bewegten, kam ich wieder ins Grübeln. Mehrere Minuten dauerte diesmal die Prozedur. Fast unerträglich lange, immerhin hatte ich so die Gelegenheit, die ganze Geschichte in Ruhe fotografisch festzuhalten (wie passend, nicht?!). Nachdem die Töne, wie nicht von dieser Welt, abklangen, klappte mir die Kinnlade herunter – die lila Lichtspots hatten ein großes Muster auf die Kleider gemalt. Ich muss schon sagen, ganz großes Kino!
Weitere Impressionen aus der Spring / Summer 2015 Kollektion “Shadows” von Anrealage:
Photos (c) Cornelia Schuhbauer, Fashionvictress.com
Wow, tolle Impressionen!
Liebe Grüße Jessy Kleidermädchen