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Modeblogger müssen draußen bleiben?

Nachdem Anfang der Woche in der Blogosphäre ein Statement von IMG kursierte, dass man auf die New Yorker Modewoche künftig keine für das Modebusiness unwichtigen Personen – vor allem Blogger sollte dies betreffen – mehr einladen möchte, schlug diese Nachricht vielerorts ein wie eine Bombe und trat einige Diskussionen los (nachzulesen zum Beispiel auf Stylebook, dort hatte ich die Story zuerst entdeckt). Auf Journelles machte man sich einige Gedanken und auch Phil und ich, die in den letzten Saisons als Team auf der Fashion Week Berlin und einmal in Paris unterwegs waren, haben darüber diskutiert. Im Folgenden lest ihr also unsere beiden Statements – und eure Meinungen interessieren uns natürlich auch!

img fashion week

Phil hat sich glaube ich ein wenig Frust von der Seele schreiben müssen angesichts dieser News:

Keine Modeblogger mehr auf der Fashion Week Berlin – das ist ein Armutszeugnis von IMG!
Die spätrömische Dekandenz scheint auch auf der Fashion Week angekommen zu sein. Laut einem Artikel von Stylebook werden die Einladungen und Akkreditierungen für Modeblogger radikal von Seiten der veranstaltenden Agentur IMG auf Eis gelegt. Ein schwacher Trost aus dem Mund von IMG klingt dabei fast wie Hohn: Blogger dürften die Fashion Week „selbstverständlich“ in Livestreams, Chats und Social-Media-Kanälen verfolgen.

Mit dieser Entscheidung dürfte man sich vor allem bei den wahren Fans der Mode keine Freunde machen. Seit jeher sind Modeblogger der Inbegriff von passionierten Schreibern, in deren Leben Mode nicht nur eine große Rolle spielt.
Nein. Sie leben Mode. Sie lieben Mode. Es ist ihre Welt. Und die Fashion Week ist ihr Ort um ihre Liebe für die Mode zu feiern.
Mit Sicherheit hätte es Gründe seitens der Veranstalter gegeben, die Einladungen für Modeblogger in Zukunft stärker zu reglementieren. Mindestansprüche für Qualität hätten z.B. an der Professionalität der Fotos (verrauschte iPhone-Instagrams vs. nachbearbeitete DSLR-Fotos) oder der Schreibe der Texte (fundiertes Fachwissen über Designer und Show vs. „Hat mir gefallen/die Looks waren toll”) beurteilt werden können. Stattdessen zieht man seitens IMG nun mit voller Kraft auf die Bremse: Das Schaulaufen der Modeblogger lenke vom eigentlich Treiben auf der Fashion Week ab. Die Konsequenz: Ein großes imaginäres Schild für Modeblogger: „Ihr müsst leider draußen bleiben.“

Etwas zu verbieten war seit jeher die einfachste Art zu gestehen, dass man eine Sache nicht richtig handlen kann. Ausgerechnet in der Modebranche, die sich bisher fast bilderbuchmäßig den Einfluss von Modebloggern zu Nutze machen konnte, kapituliert nun Schwergewicht IMG vor der Macht des angeblichen #Neulandes. Ein Geständnis.

Wer ständig nach hinten schaut, wird vorne stolpern. Und so klingt das Lamentieren von IMG fast wie das Wehklagen über die guten alten Tage älterer Senioren am Ententeich. Catherine Bennett, Senior Vizepräsidentin und Direktorin von IMG erinnert laut Stylebook an ehemalige „Plattform für etablierte Designer“, die nun zu einem Zoo verkommen wäre. Ein traurigers Resumée gibt es nicht: Zeiten ändern sich: Messen werden zu Foren. Das Publikum wird interaktiver. Konsumenten werden zu (Blogger-)Produzenten. Bunter? Ja. Ein Zoo? Nein.

Das Verbot von Bloggern ist eher nur ein letzter Strohhalm. Vor allem von Seiten der Designer ist es allerdings nicht zu erwarten, dass diese ebenfalls Blogger aus ihren Frontrows verbannen.
Dafür ist die ehrliche Berichterstattung von Seiten der Modeblogger viel zu wichtig geworden.

Meine eigene Meinung zu diesem Thema:

Man möchte keinen Streetstyle-Zirkus mehr? Nun ja, man wird ja die Modemeute schlecht von den Toren vor den Schauen verbannen können. Soll die Gegend dann großflächig abgesperrt werden? Also die “Problematik” des Schaulaufens wird sich meiner Meinung nach nicht eindämmen lassen. Im Gegenteil, ich vermute fast, dass das Statement von Catherine Bennett, die Fashion Week wäre nur noch ein reinster Zoo, eher eine Trotzreaktion bei vielen (auch bekannten) Bloggern hervorrufen könnte, die dann erst Recht auf sich aufmerksam machen wollen. Also wenn es ihr erklärtes Ziel ist, ein bisschen “aufzuräumen”, was den Zirkus rund um eine Show so betrifft, wird Frau Bennet dieses Vorhaben wohl kaum erreichen. Sie kann die bunte Selfie-knipsende Meute vielleicht aus der Frontrow verbannen, aber nicht von der Fashion-Week-Bildfläche…

Nächster Punkt: Viele der großen Blogger wie zum Beispiel Chiara Ferragni schreiben am Ende einen Showbericht und veröffentlichen qualitativ gute Fotos auf ihren Webseiten. Auch auf meinen liebsten deutschen Modeblogs wie Les Mads und This is Jane Wayne oder Journelles möchte ich als Leser künftig auch noch Showberichte aus New York lesen können. Was ist außerdem mit der Tatsache, dass bekannte Modeblogger wie Bryan Boy und Co. wahrscheinlich trotzdem von den Agenturen der Designer selbst eingeladen werden? Hat IMG darauf überhaupt einen Einfluss? Soweit ich weiß, kümmern die sich doch lediglich um Akkreditierungen?

Ich bin mal gespannt, also persönlich habe ich ja nichts dagegen, wenn IMG die Gästelistenplätze ein wenig ausdünnt – bei manchen Shows in Berlin habe ich eh das Gefühl gehabt, es würden ausschließlich ein paar deutsche Schaulspieler-Sternchen in den ersten Reihen sitzen, wichtige Redakteure sah man teilweise kaum. Bezogen auf Blogger kann ich gut verstehen, dass man da einen kleinen Schlussstrich ziehen möchte – sieht man sich in Berlin etwa im MBFWB-Zelt um, erblickt man zahlreiche wirklich junge Mädels, die sich den ganzen lieben langen Tag gegenseitig fotografieren und kostenlose Cola Light abstauben. Oder irgendwelche Pseudo-Berühmtheiten, die sich champagnerschlürfend von Show zu Show bewegen. Klar, dass man diese Persönlichkeiten gerne loswerden möchte. Aber wie unterscheidet man beispielsweise die “guten” von den “schlechten” Blogs? Bewertet man den Inhalt? Ist das zu viel Aufwand? Wo siedelt man Onlinemagazine an? Wo zieht man die Grenze? Ich bin jedenfalls gespannt, ob ich als Leser verschiedenster internationaler Blogs in der kommenden Saison weniger oder vielleicht gar nichts mehr von der New Yorker Fashion Week mitbekommen werde… Oder ob sich letztendlich doch nichts ändert und alles nur leeres Gerede war?

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